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AutorenbildLukas PREDICTA|ME

„Das Mainzelmärchen“ – Von der Befähigung, Befähigungen zu erkennen

Aktualisiert: 24. Aug. 2022



Es war einmal ein Fußballverein in Rheinhessen. Dieser trug den Namen 1. FSV Mainz 05. Die Mainzer waren bekannt für ihren Teamgeist, ihre Mentalität und dafür, dass sie immer bis zum Schluss um jeden Punkt kämpften. Jede Spielzeit war immer ein hin und her, ein auf und ab – eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Am Ende einer jeden Saison konnte sich das Team jedoch immer in der 1. Liga halten und die „großen Vereine“ Jahr für Jahr aufs Neue ärgern. Die Spezialität der Mainzer war nämlich: Stolperstein für die Mannschaften zu sein, die jedes Jahr um die Meisterschaft spielten.


Doch im Jahre 2020/21 drohte dem Club der Abstieg in die Zweitklassigkeit – folglich hätte man sich nicht mehr mit den Topclubs messen können…und das war schließlich das große Ziel der 05er. Allerdings hatte sich das Team in der ersten Hälfte der Saison ein wenig verrannt – und fand sich auf dem vorletzten Tabellenplatz wieder. Da die Mainzer aber sehr clever waren, wussten sie, dass es in der Winterpause zu einer Veränderung kommen musste… schließlich wollten sie auch im darauffolgenden Jahr wieder die großen Vereine zum Stolpern bringen…

Aber so richtig freuen konnte sich keiner. Der Trainerstuhl wackelte gewaltig, die Spieler waren frustriert und demotiviert, die Fans glaubten schon gar nicht mehr an den Klassenerhalt ihrer Mannschaft. Der Vorstand musste seine Entscheidungen hinterfragen.

Und so entschied sich der Club, einen Neuanfang zu wagen: neuer Trainer, neuer Sportdirektor, neuer Sportvorstand, neue Spieler. Zu diesem Zeitpunkt stand Weihnachten vor der Tür. Neujahr.


Verhalten bestimmt Verhältnisse

Eine der wichtigsten Entscheidungen war sicherlich die, einen Trainerwechsel vorzunehmen. Bo Svensson wurde neuer Cheftrainer der Mainzer. Ein authentischer Typ, der immer genau die richtigen Entscheidungen parat hatte, immer hinter seiner Mannschaft stand und Verantwortung übernahm. Bo Svensson war dafür bekannt, einen enorm guten Draht zu seinen Spielern zu haben. Darüber hinaus verstand er es wie kein Zweiter, seine Spieler optimal an die von ihm gestellten Anforderungen anzupassen und aus einem Spielerkader, der total verunsichert wirkte, eine Einheit zu formen, die konkurrenzfähig war. Der neue Cheftrainer analysierte die Schwächen des Teams und versuchte seine Mannschaft in diesen Bereichen zu verbessern. Das gelang ihm sehr gut – es wurde zum einen das Spielsystem gewechselt – Mainz spielte unter Svensson mit einer damals modernen Dreierkette – und es wurden Spieler in die Mannschaft eingebunden, die entweder neu zum Team dazu kamen oder deren Qualität unter den anderen Trainern nicht erkannt wurde und die häufig nur auf der Bank saßen. Ein Puzzleteil passte ins nächste Puzzleteil.


Die gewünschten Effekte ließen nicht lange auf sich warten: Es fielen viel weniger Gegentore, die Defensive hatte sich wieder stabilisiert und das Team fungierte als Einheit und kämpfte wieder um jeden Punkt. Die Kommunikation innerhalb der Mannschaft klappte viel besser in der Rückrunde und auch die Kommunikation zwischen Trainer und Spielern war so klar und eindeutig, dass jeder Spieler zu jeder Zeit wusste, was seine Aufgabe war. So kam es, dass sich auch die großen Vereine aus München oder Leipzig an den Mainzern die Zähne ausbissen…und die 05er die Spiele tatsächlich für sich entscheiden konnten…


Auch das Team der Mainzer hatte sich, wie bereits erwähnt, seit der Winterpause verändert. Manche Spieler verließen den Verein, manche Spieler kamen neu dazu. Die Ersatzspieler wurden ins Team eingebunden und das Wichtigste: die Spieler hatten wieder Spaß am Fußballspielen.

Es wurde wieder der Fußball gespielt, den die Fans von den Mainzern gewohnt war. Jeder kämpft für den anderen, es stand ein zusammengeschweißtes Team auf dem Platz gegen das sich jeder Gegner schwertun würde. Der Draht zum Trainer war sehr gut, aber auch untereinander gab es keine „Meckerei“ sondern Unterstützung – ganz anders als noch in der Hinrunde. Durch den Erfolg des gesamten Teams wuchs gleichzeitig auch das Selbstvertrauen der einzelnen Spieler. Die Angreifer spielten Spielzüge gut zu Ende, versuchten sich mit Einzelaktionen durchzusetzen und arbeiteten gut nach hinten mit…praktisch alles, was in der Hinrunde verlernt schien, klappte in der Rückrunde wieder. Die Verteidigung der Mainzer war sehr gut, die Zweikämpfe wurden wieder selbstverständlicher geführt und gewonnen.


Natürlich war es von Vorteil, dass ein sehr guter Cheftrainer das Zepter in Mainz übernahm und das Team auch wieder eine geschlossene Truppe war, in der sich jeder auf den anderen verlassen konnte. Aber um Spiele gegen die Mannschaften aus München und Leipzig zu gewinnen reicht es nicht aus, einen guten Trainer zu haben und eine gute Teamleistung abzuliefern – es muss auch jeder einzelne Spieler individuell ein nahezu perfektes Spiel zeigen, etwas Besonderes machen…und genau das hat sich bei den Spielern über die Saison entwickelt.

Es war eine Mischung aus Teamleistungen, starken individuellen Leistungen und sehr guter Mannschaftsführung durch den Trainer. Letztlich stand ein überragender 5. Platz in der Rückrundentabelle zu Buche und der 12. Platz in der Gesamtabrechnung.


Und wenn sie die Feierlichkeiten nach dieser märchenhaften Rückrunde überlebt haben…ihr wisst schon, dann leben/feiern sie noch heute…


Hinter jedem Märchen steckt auch Wahrheit

Die beschriebenen Punkte, die für den Aufschwung von Mainz 05 stehen, kann man auch auf das alltägliche Arbeitsleben projizieren. Individuelle Leistungen und Bedürfnisse der Mitarbeiter sollten erkannt werden. Die Zusammenarbeit im Team sollte gefördert werden. Das Führungsverhalten sollte situativ angepasst werden – immer werteorientiert und förderlich für die Zufriedenheit und Produktivität sein.


Ein Team oder ein Unternehmen ist nicht nur eine Maschine, in der sich Rädchen drehen, ein Team oder Unternehmen ist auch ein soziales System, welches mit seinen Eigenarten und seiner Dynamik auch systemisch betrachtet und gelenkt werden muss. Der Erfolg entsteht nur durch eine optimale Abstimmung zwischen Menschen, Aufgaben, Führung und dem Umfeld. Das Ziel ist es, diese Elemente zu synchronisieren, denn eine gewinnbringende Taktung generiert massiv positive Effekte in Punkto Engagement, Produktivität, Zufriedenheit und Wirtschaftlichkeit.

Es könnte also sein, dass sich Vorgesetzte wünschen, ein ebenso erfolgreicher „Chef“ zu sein wie Bo Svensson für seine Mainzer, oder aus der anderen Perspektive – einen Chef zu haben, der ein vertrauensvolles und gleichzeitig professionelles Verhältnis zu seinen Mitarbeitern pflegt.

In einem Team zu agieren, dass ähnlich wie das Team der Mainzer gut zusammenarbeitet und aus welchem Selbstvertrauen und Freude gewonnen werden können für eigene persönliche Ziele und Vorstellungen.


Viele Leute sagen immer: „Arbeit ist eben Arbeit. Das darf keinen Spaß machen.“

Aber die Wahrheit ist, dass ein Unternehmen auch charismatisch geführt werden kann, mit Wertschätzung für jeden einzelnen Mitarbeiter und ein situativer Führungsstil selbstverständlich ist. Die Mitarbeiter unterstützen und motivieren sich gegenseitig und die persönlichen Interessen der Mitarbeiter werden berücksichtigt und jeder kann und darf seine individuellen Fähigkeiten mit einbringen.


Wie effektiv das sein kann, haben die Mainzer in ihrem Rückrundenmärchen gezeigt.

Denn Verhalten bestimmt Verhältnisse!

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